Fünfmal Weihnachten von FreeWolf (Ein Adventskalender mit Mut zur Lücke) ================================================================================ Kapitel 5: Fünfmal Vorweihnachtszeit ------------------------------------ „Max, bist du dir sicher, dass das funtioniert?“ Judy beäugte das improvisierte Stativ vor dem Herd, das Max‘ Handy halten sollte, während sie Taro beibrachte, wie man Judy Tates patentierte heiße Schokolade zubereitete. Der Blonde verdrehte die Augen; seine Mutter war ihm während der letzten zwei Tage, als sie die kleine Weihnachtsüberraschung für Charlotte geplant hatten, unglaublich auf die Nerven gefallen. Vielleicht war es auch der erneute Lockdown, der sie dazu zwang, in Boston zu bleiben, während Charlotte und Taro in Bakuten waren. Seine Mutter blickte auf die Uhr. Es war 18:00 Uhr – acht Uhr früh führ Charlotte und Taro in Tokyo. „Dein Vater müsste jeden Moment anrufen. Hast du alles getestet? Bist du dir sicher, dass die Kopfhörer funktionieren? Und das Mikrofon?“, drängelte sie, zum gefühlt zehnten Mal in den letzten zehn Minuten. „Mom“, Max seufzte langgezogen und zog sein Handy aus der Hosentasche. „Du machst dir unnötig Sorgen. Das klappt, ich hab‘ alles hundertmal getestet! Du bist neben mir gestanden!“ „Aber was, wenn-“, wollte Judy gerade widersprechen, da wurden sie schon von Max‘ Klingelton unterbrochen. Der Blonde zwang ein aufmunterndes Lächeln auf seine Lippen, ehe er den Videoanruf entgegennahm. „Hey, Dad!“, begrüßte er seinen Vater, der ihm entgegenstrahlte. „Hallo mein Junge! Wie geht es euch drübern in den Staaten?“, fragte Taro mit einem breiten Grinsen. Er trug die Schürze, die er normalerweise trug, wenn er an Beyblades für Kunden arbeitete. Im Hintergrund hörte man einen fröhlichen Ruf. „Charlotte ist auch schon bereit fürs Frühstück“, stellte Max amüsiert fest. „Darf ich kurz mit ihr reden?“ Taro drehte mit den Worten „Aber klar doch“ sein Handy, sodass es vor der Dreijährigen platziert war, die freudig in die Kamera winkte als sie das Videofeed ihres Bruders erkannte. „Max!“, rief sie freudig aus. „Hallo Schwesterherz! Bist du brav?“, fragte der Blonde leichthin, während ihm das Herz schwer wurde. Charlotte begann in einer für Außenstehende lustigen Mischung aus Japanisch und Englisch zu brabbeln. Max verstand nicht alles, konnte jedoch aus dem Kontext schließen, dass seine kleine Schwester ihm die Gutenachtgeschichte vom letzten Abend erzählte. Nach einer Weile tauchte sein Vater wieder im Bild auf. „Willst du mit Mama reden?“, fragte Max auch wie aufs Stichwort. Taro nickte mit einem verlegenen Grinsen – irgendwie war es schon süß, dachte Max, während er sein Handy ins improvisierte Stativ spannte und sich dann aus der Küche entfernte, um das Puzzle von Van Goghs Sonnenblumen, das er vor zwei Tagen aus der hintersten Ecke der Abstellkammer herausgezogen hatte, weiterzupuzzlen. Er hörte seine Mutter dumpf durch die geschlossene Tür von den Zahlen der neu infizierten Covid-Fälle in ihrem Bezirk sprechen, von den geplanten Teststraßen, von der Online-Lehre, zu der sie momentan gezwungen war. Es war inzwischen ein altes Lied, und er war müde davon. Max griff nach den Kopfhörern um seinen Hals, um mit einer Playlist ein wenig die Welt zu vergessen.   Er wusste nicht, wie lange er Musik hörte und an Van Goghs Sonnenblumen scheiterte; einige Zeit später riss ihn seine Mutter mit einer Tasse heißer Schokolade und seinem Handy aus seiner Versenkung. Auf dem Handy lief noch der Videochat. „Ich hab‘ heiße Schokolade mit Marshmallows gemacht!“, verkündete sein Vater stolz. „Ich hab‘ sie auch nur zweimal angebrannt!“ Max lachte, während Judy in einer Mischung aus Schicksalsergebenheit und Zuneigung seufzte. „Ich werde nie verstehen, wie du selektiv gut kochen kannst, Liebling. Lasst sie euch schmecken!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)